Wasserkraft

Eine neue Chance für alte Dämme: Wasserkraft als nachhaltige Energiequelle

Weltweit gibt es Hunderttausende von alten Dämmen, die mit Wasserkraftanlagen ausgestattet werden könnten, um umweltfreundlichen Strom zu erzeugen, ohne dabei weitere Natur zu zerstören. Diese Idee wird von Forschern der Baylor-University in Texas und der Kansas State University vorgeschlagen. Sie argumentieren, dass bestehende Stauseen und Becken einfach mit Turbinen und Generatoren ausgestattet und bestehende Wasserkraftwerke entsprechend aktualisiert werden müssten. Klingt einfach, oder? Aber gibt es möglicherweise noch Aspekte, die übersehen wurden?

Lösungen

Der Bedarf an Lösungen für die Energieproblematik ist enorm. Nicht nur wegen des Bevölkerungswachstums – die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass bis in die 2050er Jahre zehn Milliarden Menschen auf der Welt leben werden -, sondern auch aufgrund des steigenden Strombedarfs. Viele Regionen in Afrika, Asien und Südamerika haben immer noch einen erheblichen Nachholbedarf in Bezug auf Elektrifizierung. Darüber hinaus treibt der Einsatz von Elektromotoren weltweit immer mehr Fahrzeuge an, und die Industrie sucht verstärkt nach elektrischer Energie oder elektrisch produzierten Energieträgern wie Wasserstoff. Im Jahr 2019 wurde noch 63 Prozent des weltweit produzierten Stroms aus Kohle, Gas und Öl gewonnen. Diese gewaltige Menge muss in absehbarer Zukunft durch nachhaltige Quellen ersetzt werden.

Die Wasserkraft spielt in diesem Kontext eine große Rolle und erzeugte bereits 2019 rund 17 Prozent des weltweit produzierten Stroms. Wasserkraftwerke erzeugten 2020 weltweit ähnlich viel Elektrizität wie Atom- und Windkraftwerke zusammen. Die Betreiber wollen diesen Anteil weiter erhöhen. Bereits im Jahr 2014 waren 3.700 neue Wasserkraftwerke geplant oder im Bau, die die Kapazität der Stromerzeugung aus Wasserkraft um 73 Prozent erhöhen sollen. Die meisten dieser Projekte werden in Ländern umgesetzt, die in der Rangliste der Volkswirtschaften eher mittlere oder niedrigere Plätze einnehmen, aber nach oben streben. In Mitteleuropa hingegen gibt es bereits so viele Staudämme, dass für neue Anlagen kaum noch Platz vorhanden ist. Allein in Österreich wird durchschnittlich alle 900 Meter ein Damm errichtet, der den Wasserfluss stoppt.

Allerdings gibt es auch umstrittene Projekte, wie zum Beispiel das Belo-Monte-Kraftwerk in Brasilien, das zu den größten Wasserkraftwerken der Welt zählt. Es staut das Wasser im Amazonasgebiet vor einer rund 100 Kilometer langen Flussschleife des Xingu-Flusses auf. Dadurch wurden große Flächen Regenwald und Agrarland überflutet. Solche Wasserkraftwerke haben eine schlechtere Klimabilanz, als es auf den ersten Blick scheint.

Daher stellt sich die Frage, ob sich alternative Maßnahmen lohnen und wie viel Strom sie tatsächlich liefern können. Forscher haben bereits vorhandene Datenbanken durchsucht und herausgefunden, dass weltweit rund 72 Prozent von 28.746 Dämmen nicht zur Stromerzeugung genutzt werden. Durch das Hinzufügen von Turbinen zu diesen bestehenden Dämmen und die Modernisierung älterer Wasserkraftwerke könnte die weltweite Stromerzeugung um 78 Gigawatt gesteigert werden. Dadurch könnte die bestehende Wasserkraftleistung um sieben bis neun Prozent erhöht werden, ohne dabei die Natur zu zerstören, Arten zu gefährden oder Menschen zu vertreiben. Dies könnte den Bau von sieben Wasserkraftwerken in der Größenordnung des Belo-Monte-Kraftwerks und die damit verbundenen Schäden an der Umwelt und Vertreibungen vermeiden. Im Mekong-Becken in Südostasien könnten beispielsweise alle geplanten Wasserkraftwerke durch solche Maßnahmen ersetzt werden.

Die Nutzung vorhandener Dämme zur Stromerzeugung bietet somit großes Potenzial für nachhaltige Energiegewinnung. Es handelt sich um eine Möglichkeit, bestehende Infrastruktur effizienter zu nutzen und gleichzeitig die Umweltbelastung zu reduzieren.

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